Im Namen der Heiligen by Ellis Peters
Autor:Ellis Peters [Peters, Ellis]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-08-17T15:42:54+00:00
»Aus dieser Wunde ist sein Lebensblut geflossen - nicht aus dem winzigen Loch, das von der Pfeilspitze stammt, sondern aus einer Wunde, die ihm schon vorher beigebracht wurde - wahrscheinlich mit einem langen dünnen Dolch, nicht mit einem gewöhnlichen Arbeitsmesser. Als die Waffe herausgezogen wurde, schlossen sich die Wundränder beinahe wieder - weil die Klinge so dünn war. Trotzdem hat sie ihn völlig durchbohrt. Als Rhisiart schon tot war, wurde ihm die Brust mit einem Pfeil durchbohrt, denn der Mörder wollte vertuschen, daß er ihn hinterrücks erdolcht hatte. Angesichts dieser Erkenntnis ist es nicht verwunderlich, daß er Rhisiart in diesem dichten Gestrüpp aufgelauert hat. Deshalb fiel dein Vater aufs Gesicht - und deshalb wurde er später auf den Rücken gedreht. Er wurde nicht von einem Pfeil getötet. Es wäre ein hartes Stück Arbeit, die Brust eines Menschen mit einem Pfeil zu durchbohren, denn ein Pfeil gewinnt seine tödliche Wucht durch den Flug. Aber in diesem Fall wurde er durch eine Wunde geschoben, die von einem Dolch stammt.«
Sioned war bleich geworden. »Von einem Dolch, der ihm in den Rücken gestoßen wurde...«
»Offensichtlich. Dieser Pfeil kam mir von Anfang an seltsam vor. Hätte Engelard ihn abgeschossen, selbst in diesem unübersichtlichen Terrain - er ist ein so meisterhafter Bogenschütze, daß der Pfeil geradewegs in Rhisiarts Brust gedrungen wäre. Aber dieser Pfeil wurde von einer kräftigen Hand in eine bereits bestehende Wunde gesteckt.«
»Und von der Hand eines Teufels«, flüsterte Sioned. »Es muß jemand gewesen sein, der weiß, wo Engelard seine Pfeile aufbewahrt. Und der Mörder wußte auch, daß Engelard gestern bei den Kühen hinter Byrn war und den Diebstahl nicht verhindern konnte.« Trotz ihrer tiefen Trauer war sie immer noch fähig, klar zu denken. »Aber warum hat der Schurke seine Spuren erst nach so langer Zeit verwischt? Mein Vater war schon tot, als es zu regnen begann. Doch der Mörder hat ihn erst auf den Rükken gedreht, um den Pfeil in seine Brust zu bohren, als der Regen aufgehört hatte. Inzwischen war über eine halbe Stunde verstrichen. Warum? Wurde der Mörder unmittelbar nach der Tat von jemandem in die Flucht geschlagen, der zufällig vorbeikam? Oder wartete er im Gebüsch, bis er sicher sein konnte, daß Rhisiart tot war, bevor er ihn wieder anrührte? Oder ist ihm dieser teuflische Trick erst später eingefallen? Mußte er den Pfeil erst holen?«
»Das weiß ich nicht«, entgegnete Cadfael seufzend.
»Nun, was wissen wir? Wer immer meinen Vater auch getötet hat - er wollte den Verdacht auf Engelard lenken. War mein Vater nur ein Mittel zum Zweck - weil der Mörder Engelard loswerden wollte? War mein Vater nur ein Köder - in einer Falle, in die Engelard gehen sollte? Oder wollte der Schurke meinen Vater beseitigen und erkannte erst hinterher, daß dies eine großartige Gelegenheit war, auch Engelard aus dem Weg zu räumen?«
»Ich weiß nicht mehr als du«, erwiderte Cadfael, und wider Willen mußte er an den jungen Mann denken, der gestern abend davongerannt war, um vor Sioneds
Dankbarkeit zu fliehen wie vor einer tödlichen Waffe. »Ich nehme an, dem Mörder wurde erst
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